Tschechische Presseagentur zu Besuch
Die Tschechische Presseagentur besuchte das Friedrich-Schiller-Gymnasium am 3.2.2012 in Pirna und führte ein Interview und schrieb folgenden Bericht:
Das Friedrich-Schiller-Gymnasium Pirna zieht tschechische Schüler aus dem nordböhmischen Grenzgebiet an. Das gemeinsame Lernen in einem modern eingerichteten Gebäude beginnt für die tschechischen und deutschen Schüler in der siebten Klasse. Das einmalige, durch öffentliche Mittel finanzierte Projekt läuft seit 14 Jahren und inzwischen haben hier viele Schüler ihr Abitur erfolgreich abgelegt.
Die tschechischen Schüler loben den Unterricht, strenge Lehrer und die Möglichkeiten der Berufsplanung. Das Einzige, woran sie sich nicht gewöhnen können, ist der traditionelle deutsche Eintopf, eine Suppe aus verschiedenen Zutaten. In jeder Klasse lernen stets 15 Deutsche und 15 Tschechen. Am Anfang werden einige Fächer auf Deutsch und einige auf Tschechisch unterrichtet, vor dem Abitur erfolgt der gesamte Unterricht auf Deutsch. Während der Aufnahmeprüfungen der tschechischen Schüler werden Mathematik, Tschechisch und eine Fremdsprache gefragt. Zu der Prüfung gehört auch ein Gespräch mit einem Psychologen.
„Nicht jedes Kind ist mit 12 Jahren darauf vorbereitet, während der Woche weg von Zuhause zu sein, aber das größte Problem mit der Trennung haben immer die tschechischen Mütter,“ sagte Schulleiter Bernd Wenzel der tschechischen Presseagentur CTK, der im Jahr 1998 die ersten tschechischen Schüler in der Grenzstätte begrüßte. In diesem Jahr können tschechische Eltern bis zum 29. Februar die Anmeldung an das Gymnasium in Decin (Tetschen) schicken, welches die Auswahl durchführt. Jetzige Schüler stimmen zu, dass aller Anfang schwer ist. „Am Anfang war es schrecklich, aber jetzt ist es prima. Es kommt mir hier besser vor als auf einem tschechischen Gymnasium,“ sagte der CTK Patrik Kellner aus Ceska Kamenice, der in die zehnte Klasse geht, welche dem ersten Jahr an einem vierjährigen tschechischen Gymnasium entspricht. Die Eltern bringen die Kinder am Sonntagabend in das tschechisch-deutsche Internat und holen sie am Freitag nach dem Unterricht ab.
Die Kosten für den Weg nach Pirna, was ungefähr 60 Kilometer von Ústi nad Labem entfernt ist, sind das Einzige, was die Familien selber bezahlen müssen. Das Studium, sowie die Unterkunft und das Essen sind für die tschechischen Schüler kostenlos. „ Dazu bekommen wir im Monat 25 Euro Taschengeld“, sagt Vanesa Medřická, die nach dem Abitur ihr Leben in Deutschland gestalten will. „ Natürlich sind die Lehrer hier in Deutschland strenger als in Tschechien, dafür können wir gut deutsch und auch Englisch ist hier auf einem sehr hohen Niveau. Dazu machen wir in Deutschland ein zweiwöchiges berufliches Praktikum und unternehmen viele Ausflüge.“, beschreibt Zuzana Slivková aus Nový Bor das Leben in Deutschland. Tschechische Eltern, die ihre Kinder in dieses Projekt anmelden, sehen als größten Vorteil die Chance, dass ihr Kind die Möglichkeit hat, auf einem natürlichen Weg eine andere Sprache zu erlernen.
„Es ist eine außergewöhnliche Möglichkeit, gute Bildung zu erreichen und hiesige Absolventen haben bessere Chance, sich im Leben durchzusetzen.’’ sagte der CTK Frau Lenka aus Teplice, die zum Tag der offenen Tür mit ihrem Sohn Oldřich erschien. „Ich habe die besten Referenzen von meinen Arbeitskollegen bekommen, deren Kinder in diese Schule gehen,“ sagte sie noch dazu.’’ Ich möchte hier auch lernen, meine Lieblingsfächer sind Geschichte, Geometrie und Deutsch“, erwähnte Oldřich.
Deutsche Kinder, die in bilinguale Klassen gehen, lernen Tschechisch seit der fünften Klasse. „Meine Schwester lernte auch schon Tschechisch und mein Vater studierte in der Tschechischen Republik,“ sagte Theresa Würfel. „Ich wohne an der Grenze in Bad Schandau, und will mich verständigen können.“ sagte Lukas Müller. „Die tschechische Sprache ist schön, aber schwer,“ gab er dazu.
Das Zusammenleben der Menschen aus verschiedenen Ländern bringt einen großen Vorteil mit: die Weltanschauung ohne Vorurteile und Stereotypen, welche die ältere Generation noch belasten, sagte Herr Wenzel. Das Unterrichtsfach Deutsch-Tschechische-Beziehungen ist eine Besonderheit am sächsischen Gymnasium. Der Geschichtslehrer und tschechischer Koordinator des Projektes Josef Urbánek betont, dass den Vorteil des deutschen Schulsystems ordentliche Quellenarbeit darstellt und nicht die Paukerei. In den Geschichtsstunden diskutiert er mit den Schülern auf Tschechisch und auf
Deutsch zum Beispiel über die Auffassung der Heldenhaftigkeit der Gebrüder Mašín und von Jan Palach. Der gemeinsame deutsch- tschechische Unterricht in Pirna ist einzigartig in ganz Deutschland. Der Schulleiter betont, dass ein wichtiger Aspekt die Verständigung zwischen den Nationen ist. Die meisten Tschechen kommen aus den nordböhmischen Städten wie Děčín, Chomutov, Teplice a Ústí nad Labem. „Wir hatten aber auch Schüler aus Ostrava, Brno und es kommen immer mehr Schüler aus Prag.“ fügte Urbánek hinzu.