Vier Jahre Lateinunterricht im Rückblick
Non scholae, sed vitae discimus. Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir. So lautet ein bekannter lateinischer Spruch. Aber warum lernt man für das Leben eine tote Sprache? Wer müht sich denn freiwillig mit Latein in der Schule ab? Kein normaler Mensch, würden sicherlich viele sofort sagen. Trotzdem habe ich nach vier Jahren Lateinunterricht und absolvierter Latinumsprüfung diese Entscheidung niemals bereut und das nicht nur wegen der Sprache. Wieso? Nun, fangen wir von vorne an.
Am Anfang des Schuljahrs 2016/17, als ich siebte Klasse war, entschloss ich mich, den Lateinunterricht bei Frau Scharf zu besuchen. Damals hatte ich vor allem die Absicht, Latein beim Studium anwenden zu können und einfach mein Wissen zu erweitern, nach dem Motto: „Man weiß ja nie, was man mal brauchen könnte“. Nun lernten wir zwei Jahre lang in einer großen Gruppe zweimal pro Woche insgesamt drei Stunden über Imperfekt und Perfekt, über Gladiatoren und Sklaven, über Caesar und Augustus und über Troja und Odysseus. Vokabeln waren natürlich auch viele dabei und so hielt mancher den ganzen Spaß verständlicherweise nicht mehr aus, sodass unsere Gruppe immer kleiner wurde. Zudem waren die Früchte der ganzen Mühen zu dieser Zeit noch nicht wirklich erkennbar, aber die süßen Trauben hängen ja bekanntlich hoch.
Nach diesen zwei Jahren bei Frau Scharf ging der Lateinunterricht in einer stark geschrumpften Gruppe bei Frau Haupt weiter. In so kleiner Zahl macht der Unterricht ganz eindeutig viel mehr Spaß und der größte Vorteil ist zweifellos, dass man sich besser kennenlernt. Während man in einem Kreis von vierzig Leuten manche nicht mal mit Namen kennt, gerät man in kleineren Gemeinschaften auch in persönlichen Kontakt und es entwickeln sich Bekanntschaften bis hin zu Freundschaften. Sicherlich mussten wir uns noch viel mit dem Unterrichtsstoff beschäftigen, durch die immer näher rückende Prüfung sogar mehr denn je, aber es zeigten sich zunehmend mehr positive Aspekte, was Frau Haupt auch sehr gut in den Vordergrund zu rücken wusste. Obwohl immer noch eine lockere Atmosphäre herrschte, wurde es allmählich eine ernste Sache, da wir uns ja auf die Prüfung vorbereiten mussten. Dadurch gewann der Unterricht auch immer mehr an Bedeutung und wir lernten intensiver. Dazu kam noch die Schulschließung im März, weswegen wir uns weitestgehend allein auf die Prüfung vorbereiten mussten, obwohl Frau Haupt mit sehr viel Engagement versuchte, uns online allen Stoff zu vermitteln. Deswegen kamen alle acht, die tapfer bis zum Schluss durchgehalten hatten wohlbehalten durch, teilweise mit hervorragenden Ergebnissen.
Im Rückblick kann ich nur sagen, dass der Lateinunterricht trotz aller Mühe und Zeitaufwände äußerst lohnend war. Zum einen hat man natürlich die lateinische Sprache selbst gelernt, zum anderen ist Latein aber auch die Grundlage der meisten europäischen Sprachen. Wer Latein versteht, kann sich sowohl deutsche Fremdwörter, als auch englische, französische, italienische, spanische Vokabeln viel leichter herleiten, was ich immer wieder in der Schule wie im Alltag anwende. Aber über die sprachlichen Aspekte hinaus haben wir ebenso zahlreiche Fakten über das alte Rom gelernt und vor allem die Zitate der römischen Philosophen sind nach wie vor noch aktuell und können wunderbar auf das eigene Leben bezogen werden. Zu guter Letzt kommt noch dazu, dass auch wir Schüler uns näher kennengelernt haben und im Laufe der Jahre zusammengewachsen sind. Ein herzliches Dankeschön auch an Frau Haupt und Frau Scharf, die uns das alles ermöglicht und durch vier Jahre Lateinunterricht geführt haben. Ich kann jedem, der später im Beruf vielen Fachwörtern begegnen wird oder sich einfach für Fremdsprachen interessiert, nur raten, den Lateinunterricht zu besuchen.
Jacob Zeibig