Das Lehrerseminar
Das Lehrerseminar von 1872 - 1928
1872 beschloss der sächsische Staat wegen der "starken Bevölkerungsvermehrung" die Errichtung zweier neuer Lehrerseminare in den Kreisdirektionen Dresden und Bautzen. Auch wegen der nachweislichen Tradition des ersten Seminars erhielt Pirna den Zuschlag und am 1.Mai 1873 ein staatliches Lehrerseminar. Mit 18 Schülern, die von 2 Hauptlehrern und einem Nebenlehrer unterrichtet wurden, begann der Lehrbetrieb. Leiter wurde der 1. OL Dr. Oberländer. Ein eigenes Heim gab es dafür nicht, der Unterricht wurde in gemieteten Räumen des neuen Bürgerschulgebäudes am Hindenburgplatz erteilt. Die Seminaristen wohnten im Haus des Seifensieders Kegel am Markt ( im Canalettohaus).
1874 begann auf dem Gelände der Bau eines großen Schulgebäudes. Die Stadt schenkte den Bauplatz für 7840 M und der Staat errichtete in den Jahren 1874 - 76 für 417600 M das staatliche Gebäude Seminarstraße 3. Man ließ sich dabei von dem Grundsatz leiten, die Bildungsstätte für den zukünftigen Lehrer müsse in jeder Hinsicht eine Musteranstalt sein.(3) Am 26. Oktober 1874 war Grundsteinlegung, am 4. September 1875 Richtfest. Durch einen strengen Winter kam es zu Bauverzögerungen. Trotzdem wurde das neue Seminargebäude am 12. Juni 1876 mit einem Festakt in der Aula eingeweiht.
Ab dem 9. September 1876 konnte auch die Turnhalle genutzt werden. Ostern 1878 war die Anstalt mit 6 Seminar- und 4 Übungsschulklassen voll ausgebaut. Auswärtige Schüler konnten im Schulgebäude in einem Schülerwohnheim wohnen.
Der verstärkt musischen Ausbildung des Seminars gerecht werdend, verfügte die Einrichtung über mehrere Orgeln und 2 Bibliotheken, eine gutausgestattete Schüler- und Lehrerbibliothek, eine Hauptbücherei im Konferenzzimmer mit 3500 Werken in 7000 Bänden und eine Schülerbibliothek im Lesezimmer mit 1300 Bänden.
Das neue Schulgebäude hatte einen weiträumigen Mittelbau mit zwei gleichlangen Flügeln, die erweiterungsfähig waren. 1889 wurde dann auch der Nordflügel durch einen Anbau verlängert. Ein großes angrenzendes Gelände hinter der Schule wurde zu einem Schulpark umgestaltet. Besonderheiten waren ein großer Pflanz- und Kräutergarten, sowie eine kleine Baumallee, unter den Schülern (und Lehrern) als "Seufzerallee" bekannt, auf der schon viele "Pärchen" gewandelt sind.
Seit 1901 erschien (bis zur Papierknappheit der Inflationszeit) ein eigenes Schulblatt, der „Pirnenser Bote“, das wichtige Ereignisse aus dem Schulbetrieb und staatliche Mitteilungen am Seminargebäude und in Pirna verbreitete.
Von 1905 - 1910 gab es erste Renovierungen im Innenbereich. An das Lehrerseminar wurde 1906 eine Seminarschule angeschlossen. Wachsende Schülerzahlen machten eine Erweiterung des Gebäudes notwendig und 1915/16 fügte man daher noch ein selbstständig gegliedertes Gebäude an. Dadurch entstanden neue Räume für Physik und Chemie und weitere Übungsschulzimmer.
Während des 1.Weltkrieges kam es zu Unregelmäßigkeiten im Schulalltag, weil Lehrer zum Kriegsdienst eingezogen wurden. In den Wintermonaten wurde das Seminar wegen Kohlemangels sogar zeitweise geschlossen. Im „Pirnenser Boten“ waren seit dem Beginn des 1. Weltkrieges auch zunehmend Gefallenenannoncen ehemaliger Schüler und Lehrer zu finden.
Am 31.Oktober 1920 gedachte man der 81 Pirnaer Soldaten, die im 1. Weltkrieg gefallen waren, in dem man im Schulgarten ein Denkmal einweihte. Es wurde von dem später berühmt gewordenen Pirnaer (Copitzer) Bildhauer Franz Manka geschaffen und trug neben einem Stahlhelm aus Sandstein die eingemeißelten Namen der Gefallenen oder Vermissten, von denen die meisten eine pädagogische Tätigkeit ausgeübt hatten, da sie ja ausnahmslos am Pirnaer Lehrerseminar ausgebildet wurden.
In der Weimarer Republik entwickelte man andere Richtlinien zur Ausbildung von Lehrern und die Seminare wurden abgeschafft. Das Lehrerseminar und die Seminarschule in Pirna wurden 1928 geschlossen.
Von 1872 bis 1928 wurden 1350 Lehrer im Lehrerseminar in der Seminarstraße 3 ausgebildet.